Erfahrungen im Umgang mit den Spät- und Langzeitfolgen nach einer überlebten Sepsis

Umfrageaktion

In Deutschland wird sehr wenig in die Forschung zu dem Thema "Spätfolgen nach einer überlebten Sepsis" investiert. Um auf dieses Problem aufmerksam zu machen, habe ich vor einiger Zeit zwei Aktionen gestartet, um zu sehen, ob ich allein mit diesen Problemen bin. Die Ergebnisse, die sich bis jetzt zeigen, sind erschütternd.

Es wäre schön, wenn sich noch mehr Betroffene an dieser Aktion beteiligen würden, um mehr Aufmerksamkeit zu erzeugen. Die Auswertung erfolgt anonymisiert, personenbezogene Daten werden nicht gespeichert. Die Fragebögen sind hier zum herunterladen.

Vielen Dank für die Unterstützung! Ich werde die Werte permanent aktualisieren.

Hier die aktuelle Auswertung (Stand 31.01.2023):

  1. Fragebogen "kognitive Probleme"

Teilnehmer - Gesamt (bisher)

85

- davon männlich

53

- davon weiblich

32

Alter in Jahren

9 bis 88 Jahre

- im Mittel

57,6 Jahre

Wie lange ist die Sepsis her

0,25 bis 23 Jahre

- im Mittel

4,8 Jahre



Aussage - zutreffend

gar nicht

ein wenig

ziemlich

stark

sehr stark

Summe - ziemlich bis sehr stark

1)

Ich bin schneller erschöpft als vor der Sepsis

2

5

13

32

33

92 %

2)

Es fällt mir schwerer mich zu konzentrieren als vorher

5

10

16

34

20

82 %

3)

Ich habe Gedächtnisprobleme, die ich vorher nicht kannte

10

12

15

31

17

74 %

4)

In Gesprächen verliere ich oft den Faden

17

16

27

9

16

61 %

5)

Ich weiß manchmal nicht, was ich kurz vorher gemacht habe

23

19

18

10

15

51 %



2. Fragebogen "Spätfolgen"

Diese Aktion habe ich erst später gestartet, deshalb bisher nur 57 Teilnehmer.

Hier einige Kernaussagen: Von diesen 56 Teilnehmern

·        sind 84% bei ihrer Entlassung aus dem Krankenhaus nicht über die Sepsis und ihre Ursachen aufgeklärt worden;

·        sind 91% nicht über eventuelle Spätfolgen aufgeklärt worden;

·        war bei 21% im Entlassungsbericht nicht einmal vermerkt, dass sie eine Sepsis hatten;

·        wurden 74% nach ihrer Entlassung nicht weiter behandelt;

·        leiden 89% unter kognitiven Störungen, wie Belastbarkeitsminderung, mangelnde Konzentrationsfähigkeit, Gedächtnisschwäche und verminderte Aufnahmefähigkeit – lediglich bei 40% wurden diese auch als kognitive Störungen erkannt (teilweise auch erst viel später);

·        fühlen sich 75% von ihren behandelnden Ärzten und Therapeuten nicht verstanden;

·        hat sich für 58% die soziale Situation wesentlich verschlechtert.

Ausserdem gaben die Teilnehmer folgende weitere Spätfolgen an:

·        bei 5% waren Amputationen notwendig;

·        12% haben eine Gehbehinderung;

·        19% hatten mit anderen Organschäden zu tun;

·        22% leiden unter chronischen Schmerzen.

Erstaunlich war für mich, dass lediglich 18% der Teilnehmer angaben, dass sie unter psychischen Problemen leiden.

Auf den ersten Blick sind das sehr ernüchternde Zahlen. Der zweite Blick macht deutlich, dass die Probleme zum Teil ganz anders gelagert sind, als sie in der Öffentlichkeit wahrgenommen und akzeptiert werden. Natürlich sind die sichtbaren Schäden, wie Amputationen, viel eindrucksvoller darstellbar als ein völlig normal aussehender Betroffener, der über eine starke Einschränkung der Belastbarkeit oder Konzentrations- und Gedächtnisstörungen klagt. An dieser Stelle will niemand wahr haben, dass diese Probleme mitunter mindestens genauso schlimm sind.